Zahlreiche steuerliche Neuheiten

Am letzten Sitzungstag vor der Sommerpause hat der Bundesrat insgesamt 84 (!) Gesetzesbeschlüssen des Bundestags zugestimmt. Für einige Gesetze hatte er schon in den Sitzungen davor grünes Licht gegeben.

  1. Förderung der Mitarbeiterbeteiligung

Für Beschäftigte in Start-ups und Kleinunternehmen soll es attraktiver werden, Anteile an der Firma ihres Arbeitgebers zu übernehmen. Nach § 3 Nr. 39 EStG ist die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers steuerfrei, soweit der Vorteil insgesamt 1.440 € (bisher 360 €) im Jahr nicht übersteigt. Der neue Freibetrag gilt ab 1.7.2021. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist aber weiterhin, dass die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern offensteht, die ein Jahr oder länger ununterbrochen im Unternehmen beschäftigt sind.

Außerdem gibt es für Arbeitnehmer von Start-ups eine neue Regelung (§ 19a EStG), nach der die Einkünfte aus der Übertragung von Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers zunächst nicht besteuert werden. Dies gilt auch dann, wenn die Vermögensbeteiligungen mittelbar über Personengesellschaften gehalten werden. Die Besteuerung erfolgt nicht schon bei Ausgabe, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt – in der Regel im Zeitpunkt der Veräußerung, spätestens nach 12 Jahren oder bei einem Arbeitgeberwechsel. Damit soll vermieden werden, dass die Übertragung einer Beteiligung zu steuerpflichtigem Arbeitslohn (Sachbezug) führt, ohne dass dem Arbeitnehmer liquide Mittel zugeflossen sind.

Die Neuregelung gilt für Vermögensbeteiligungen, die nach dem 30.6.2021 übertragen werden.

  1. Erleichterungen bei der erweiterten Gewerbesteuerkürzung

Vermögensverwaltende Unternehmen können grundsätzlich die sog. erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG in Anspruch nehmen. Bisher war der Betrieb von Photovoltaikanlagen kürzungsschädlich, wenn das Unternehmen den Strom nicht selbst verbraucht, sondern auch an Dritte (incl. Mieter) geliefert hat. Hier wurde nun mit der Neufassung des § 9 Nr. 1 S. 3 GewStG eine Erleichterung geschaffen. Nach § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b GewStG sind die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen (z.B. Solarstrom) sowie der Betrieb von E-Ladestationen für die erweiterte Kürzung unschädlich. Voraussetzung ist, dass die diesbezüglichen Einnahmen nicht höher als 10 % der Einnahmen aus der Vermietung des Grundbesitzes sind. Der Strom darf dabei nur ins Netz eingespeist oder an die Mieter des Grundstücksunternehmens geliefert werden.

Neu ist auch die Einführung einer Bagatellgrenze. Bislang haben Grundstücksunternehmen die erweiterte Kürzung verloren, wenn sie z.B. Mieteinnahmen aus der Vermietung von Betriebsvorrichtungen oder Möblierungen erzielt haben. Nach § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. c GewStG bleibt die erweiterte Kürzung nun erhalten, wenn die Einnahmen daraus die Grenze von 5 % der Mieteinnahmen aus der Vermietung des Grundbesitzes nicht übersteigen. Wichtig! Andere gewerbliche Tätigkeiten und Leistungen für den Gewerbebetrieb eines Gesellschafters bleiben weiterhin schädlich – hierfür gibt es nach wie vor keine Bagatellgrenze.

Die Neuregelungen gelten ab dem 1.1.2021. Achtung: Die Neuregelungen ändern nichts daran, dass die Einnahmen aus den Photovoltaikanlagen, der Vermietung von Betriebsvorrichtungen usw. gewerbesteuerpflichtig sind. Die Befreiung trifft weiterhin nur die originären Immobilieneinkünfte. Die Einkünfte aus den unschädlichen Nebentätigkeiten sind separat zu ermitteln und der Gewerbesteuer zu unterwerfen.

Ein abschließender Hinweis: Aus unserer Sicht ist noch nicht geklärt, ob die dargestellten Grenzen anhand der Nettokaltmiete oder anhand der Bruttomiete ermittelt werden. Hier muss noch die Stellungnahme der Finanzverwaltung abgewartet werden.

  1. Transparenzregisterpflicht für alle

Bisher müssen sich bestimmte juristische Personen (z.B. die Einmann-GmbH) nicht ins Transparenzregister eintragen lassen, weil die sog. Mitteilungsfiktion greift. Bei dieser Mitteilungsfiktion ergeben sich die relevanten Daten zum wirtschaftlich Berechtigten bereits aus anderen öffentlichen Registern (z.B. Handelsregister). Neu ist, dass sich jetzt alle juristischen Personen des Privatrechts verpflichtend eintragen lassen müssen. Jede juristische Person muss aktiv die relevanten Daten melden und kann sich nicht mehr auf andere öffentliche Register berufen. Damit wird das Transparenzregister zum Vollregister.

Neu ist auch, dass börsennotierte Gesellschaften eine Mitteilung ans Transparenzregister machen müssen. Bisher galt für sie eine Mitteilungsfiktion aufgrund der Stimmrechtsmitteilungen nach §§ 33 ff. WpHG. Als wirtschaftlich Berechtigter gilt nach § 3 Abs. 2 GWG jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % der Kapitalanteile hält, mehr als 25 % der Stimmrechte kontrolliert oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt. Bisher waren börsennotierte Gesellschaften von dieser Regelung ausgenommen; wirtschaftlich Berechtigter war nach § 3 Abs. 1 GWG die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle die Gesellschaft letztendlich stand.

Auch bei Vereinen gibt es Neuerungen – sie werden automatisch in das Transparenzregister eingetragen. Das Bundesfinanzministerium erledigt hier (als registerführende Stelle) die Eintragungen anhand der bereits im Vereinsregister eingetragenen Daten. Als wirtschaftlich Berechtigte werden alle Mitglieder des Vorstands erfasst. Grundsätzlich ist damit der Verein von der Mitteilungspflicht entbunden. Der Vorstand muss die Eintragung aber überprüfen, da in Ausnahmefällen doch eine aktive Mitteilungspflicht besteht (z.B. wenn der Vorstand noch nicht im Vereinsregister eingetragen ist).

Die Neuregelungen treten zum 1.8.2021 in Kraft. Für die Gesellschaften, für die bis 31.7.2021 die Mitteilungsfiktion greift, gelten unterschiedliche Meldefristen:

AG, Europäische Aktiengesellschaft (SE), KGaA: bis 31.3.2022

GmbH, (Europäische) Genossenschaft, Partnerschaft: bis 30.6.2022

Alle anderen Fälle: bis 31.12.2022

  1. Zusammenarbeit mit nicht kooperativen Staaten – Schwarze Liste

Das Gesetz zur Abwehr von Steuervermeidung (StAbwG) soll es Unternehmen erschweren, mit Hilfe von Geschäftsbeziehungen zu nicht kooperativen Staaten Steuern in Deutschland zu vermeiden. Betroffen sind ausschließlich solche Staaten und Gebiete, die auf der Schwarzen Liste (EU-Blacklist) stehen. Dazu gehören derzeit die Kaimaninseln, Fidschi, Oman, Vanuatu, Panama, die Amerikanischen Jungferninseln, Amerikanisch-Samoa, Guam, Samoa, Palau, Seychellen, Trinidad und Tobago. Die Liste wird laufend überarbeitet. Unterhält ein Steuerpflichtiger Geschäftsbeziehungen oder Beteiligungsverhältnisse in oder mit Bezug zu einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet, hat das gravierende steuerliche Konsequenzen. Wenn Sie mit den genannten Staaten zu tun haben, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf. Wir werden dann die Einzelheiten in einem persönlichen Gespräch klären.

  1. Übertragung des Kinderfreibetrags

Mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2021 führt die Übertragung des Kinderfreibetrags immer auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungsaufwand oder Ausbildungsbedarf (§ 32 Abs. 6 S. 6 EStG).

  1. Nachweis eines Grads der Behinderung unter 50

Bis einschließlich 2020 gilt für alle, für die ein Grad der Behinderung (GdB) von weniger als 50, aber mindestens 25 festgestellt wurde: Wer wegen der Behinderung z.B. nach gesetzlichen Vorschriften eine Rente bezieht, die körperliche Beweglichkeit dauerhaft eingeschränkt ist oder die Behinderung auf einer typischen Berufskrankheit beruht, kann vom Behinderten-Pauschbetrag profitieren. Ab dem 1.1.2021 entfallen diese Voraussetzungen. Ab dann gilt folgendes:

Bei einem GdB von weniger als 50, aber mindestens von 20 genügt ein einfacher Nachweis über die Behinderung (z.B. Bescheid des Versorgungsamts). Wenn Sie eine Rente oder andere laufende Bezüge erhalten, können Sie als Nachweis der Behinderung auch den Rentenbescheid oder einen anderen Bescheid, der die laufenden Bezüge nachweist, beim Finanzamt vorlegen (§ 65 Abs. 1 Nr. 2 EStDV). Das ist vor allem dann vorteilhaft, wenn Ihnen noch kein Feststellungsbescheid des Versorgungsamts vorliegt.

  1. Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns

Abschließend möchten wir Sie noch darauf hinweisen, dass der gesetzliche Mindestlohn seit Jahresbeginn 9,50 € je Zeitstunde beträgt. Rechtsgrundlage hierfür ist die Dritte Verordnung zur Anpassung der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns vom 9.11.2020. Danach treten sukzessive folgende Erhöhungen in Kraft:

zum 1.7.2021             auf 9,60 €

zum 1.1.2022             auf 9,82 €

zum 1.7.2022           auf 10,45 €

Übrigens: Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (Urteil v. 24.6.2021 – 5 AZR 505/20) sind auch ausländische Arbeitgeber zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns nach § 20 iVm § 1 MiLoG verpflichtet, wenn sie Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ansonsten auf das Arbeitsverhältnis deutsches oder ausländisches Recht anwendbar ist.