Energiepreispauschale (Teil 1): Auszahlung über den Arbeitgeber

Derzeit ist die Energiepreispauschale (im Folgenden EPP) in aller Munde. So steht sie z.B. bei Arbeitnehmern im September 2022 zur Auszahlung an.

Das Bundesfinanzministerium hat einen Fragenkatalog (Stand 20.7.2022) herausgegeben. Dort werden Fragen beantwortet u.a. zur Anspruchsberechtigung, zur Festsetzung mit der Einkommensteuerveranlagung, zur Auszahlung an Arbeitnehmer durch Arbeitgeber, zum Einkommensteuer-Vorauszahlungsverfahren und zur Steuerpflicht. Der Fragenkatalog geht sehr detailliert auf einzelne Fallgestaltungen ein. In jedem Fall sollten Sie einen kurzen Blick hineinwerfen, egal ob Sie Arbeitnehmer oder Arbeitgeber sind, ob Sie freiberufliche oder gewerbliche Einkünfte erzielen oder ob Sie die Lohnbuchhaltung in Ihrem Unternehmen machen.

Angesichts der Fülle von Informationen werden wir das Thema EPP in zwei getrennten Rundschreiben behandeln.

In Teil 1 geben wir einen kurzen Überblick über die wichtigsten Fragestellungen zur Auszahlung über den Arbeitgeber. Hier erfolgt die Auszahlung im Regelfall bereits im September 2022.

In Teil 2, der demnächst folgen wird, informieren wir Sie über die Festsetzung der EPP im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2022 (betrifft alle Anspruchsberechtigten, die nicht Arbeitnehmer sind).

  • Anspruchsberechtigung

Anspruchsberechtigt sind alle Personen, die im Jahr 2022 zu irgendeinem Zeitpunkt Einkünfte aus Gewerbe, selbständiger Arbeit, nichtselbständiger Arbeit oder aus Land- und Forstwirtschaft beziehen. Anspruchsberechtigt sind z.B. auch Minijobber, Freiwillige iSd des Bundesfreiwilligen – oder Jugendfreiwilligendienstes, Arbeitnehmer im Mutterschutz, ehrenamtlich Tätige (mit steuerfreiem Arbeitslohn) sowie Werkstudenten und Studenten im entgeltlichen Praktikum. Auch Arbeitnehmer, die z.B. Kurzarbeitergeld, Krankengeld oder Elterngeld erhalten, bekommen die EPP.

Die Tätigkeit muss weder zu einem bestimmten Zeitpunkt noch für eine Mindestdauer ausgeübt werden. Aber Achtung: Wird nur pro forma ein Arbeitsvertrag geschlossen, reicht das nicht, um die EPP zu erhalten. Unter Umständen liegt in einem solchen Fall sogar eine Ordnungswidrigkeit bzw. eine Straftat vor. Darauf weist das Bundesfinanzministerium ausdrücklich hin.

Rentner, die ausschließlich Versorgungsbezüge bekommen, erhalten die EPP nicht.

  • Auszahlung an Arbeitnehmer durch Arbeitgeber

Arbeitnehmer erhalten die EPP über die Gehaltsabrechnung des Arbeitgebers. Voraussetzungen, die der Arbeitnehmer erfüllen muss:

    • unbeschränkt steuerpflichtig
    • am 1.9.2022 besteht ein gegenwärtiges Dienstverhältnis
    • Steuerklasse I bis V

Bei einer geringfügigen Beschäftigung (Minijobber) muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber schriftlich bestätigen, dass es sich um das erste Dienstverhältnis handelt. Dazu hat das Bundesfinanzministerium ein Muster für die Bestätigung erstellt (siehe Punkt VI Nr. 8 der FAQs). Danach kann die Bestätigung wie folgt ausformuliert sein:

„Hiermit bestätige ich ………… (Arbeitnehmer), dass mein am 1. September 2022 bestehendes Dienstverhältnis mit ………… (Arbeitgeber) mein erstes Dienstverhältnis (Haupt-Dienstverhältnis) ist. Mir ist bekannt, dass bei einer unrichtigen Angabe der Tatbestand einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit vorliegen kann.

 

Hinweis:

Die Energiepreispauschale steht jeder anspruchsberechtigten Person nur einmal zu, auch wenn im Jahr 2022 mehrere Tätigkeiten ausübt werden. In den Fällen einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob) darf der Arbeitgeber die Energiepreispauschale nur dann an den Arbeitnehmer auszahlen, wenn es sich bei der Beschäftigung um das erste Dienstverhältnis (Haupt-Dienstverhältnis) handelt. Dadurch soll verhindert werden, dass die Energiepreispauschale an einen Arbeitnehmer mehrfach ausgezahlt wird.“

Macht der Arbeitnehmer hier falsche Angaben, begeht er eine Ordnungswidrigkeit bzw. eine Straftat, die entsprechend geahndet wird.

  • Fälle, in denen die EPP nicht vom Arbeitgeber ausgezahlt wird

In folgenden Fällen wird die EPP nicht vom Arbeitgeber ausgezahlt, sondern erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2022 (siehe dazu unten):

    • Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, Lohnsteuer-Anmeldungen abzugeben (z. B. weil die Höhe der Arbeitslöhne so gering ist, dass keine Lohnsteuer anfällt, oder der Arbeitgeber ausschließlich geringfügige Beschäftigte (Minijobber) hat, bei denen die Lohnsteuer nach § 40a Abs. 2 EStG pauschal erhoben wird) oder
    • Arbeitgeber mit jährlichem Anmeldungszeitraum hat auf die Auszahlung an den Arbeitnehmer verzichtet oder
    • Minijobber hat dem Arbeitgeber die o.g. schriftliche Bestätigung zum ersten Dienstverhältnis nicht erteilt oder
    • Arbeitnehmer ist kurzfristig beschäftigt oder eine Aushilfskraft in der Land- und Forstwirtschaft
  • Zeitpunkt der Auszahlung durch den Arbeitgeber

Arbeitgeber haben die EPP in der Regel im September 2022 an ihre Arbeitnehmer auszuzahlen. Bei vorschüssiger Lohn-/Gehalts-/Bezügezahlung ist eine Auszahlung mit der Abrechnung für den Lohnzahlungszeitraum September 2022 aus steuerrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

Gibt der Arbeitgeber die Lohnsteuer-Anmeldung vierteljährlich ab, kann die EPP an den Arbeitnehmer davon abweichend im Oktober 2022 ausgezahlt werden (Wahlrecht).

Gibt der Arbeitgeber die Lohnsteuer-Anmeldung jährlich ab, kann er ganz auf die Auszahlung an seine Arbeitnehmer verzichten. Die Arbeitnehmer können in diesem Fall die EPP über die Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022 erhalten.

Kann die Auszahlung aus organisatorischen oder abrechnungstechnischen Gründen nicht mehr fristgerecht im September 2022 erfolgen, bestehen keine Bedenken, wenn die Auszahlung mit der Lohn-/Gehalts-/Bezügeabrechnung für einen späteren Abrechnungszeitraum des Jahres 2022, spätestens bis zur Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung für den Arbeitnehmer, erfolgt.

  • Zeitpunkt der Erstattung an den Arbeitgeber

Der Arbeitgeber bekommt die EPP erstattet (sog. Refinanzierung). Zu diesem Zweck kann er die EPP gesondert vom Gesamtbetrag der einzubehaltenden Lohnsteuer abziehen, die bis zu den folgenden Zeitpunkten anzumelden und abzuführen ist:

    • bei monatlichem Anmeldungszeitraum (Lohnsteuer-Anmeldung August 2022; abzugeben mit Gehaltslauf August 2022) bis zum 12.9.2022 (weil der 10.9.2022 ein Samstag ist)
    • bei vierteljährlichem Anmeldungszeitraum (Lohnsteuer-Anmeldung 3. Kalendervierteljahr 2022; abzugeben mit Gehaltslauf September 2022) bis zum 10.10.2022
    • bei jährlichem Anmeldungszeitraum (jährliche Lohnsteuer-Anmeldung; abzugeben mit Gehaltslauf Dezember 2022) bis zum 10.1.2023

Übersteigt die insgesamt zu gewährende EPP den Betrag, der insgesamt an Lohnsteuer abzuführen ist, wird der übersteigende Betrag dem Arbeitgeber vom Finanzamt erstattet, an das die Lohnsteuer abzuführen ist. Technisch wird dies über eine sog. Minus-Lohnsteuer-Anmeldung abgewickelt. Ein gesonderter Antrag des Arbeitgebers ist nicht erforderlich. Der Erstattungsbetrag wird in diesem Fall auf das dem Finanzamt benannte Konto des Arbeitgebers überwiesen. Sollte der Arbeitgeber noch offene Steuerschulden haben, werden diese miteinander verrechnet.

Die EPP ist in der Lohnsteuer-Anmeldung mit einer zusätzlichen Kennzahl aufgeführt. Dies dient statistischen Zwecken.

Wichtiger Hinweis: Muss der Arbeitgeber die Lohnsteuer-Anmeldungen monatlich abgeben, kann er die Refinanzierung nicht auf den 10.10.2022 (Lohnsteuer-Anmeldung für September 2022) verschieben. Selbst bei einer späteren Auszahlung (z.B. bei nicht fristgerechter Auszahlung erst im Oktober aufgrund von organisatorischen Gründen) bleibt Stichtag für die Refinanzierung weiterhin der 12.9.2022! Hier erfolgt die Refinanzierung über eine korrigierte Lohnsteuer-Anmeldung für August 2022.

  • Bescheinigung der Auszahlung

Eine vom Arbeitgeber ausgezahlte EPP ist in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung oder in der besonderen Lohnsteuerbescheinigung mit dem Großbuchstaben E anzugeben. Dem Finanzamt wird damit die Möglichkeit gegeben, in der Einkommensteuerveranlagung mögliche Doppelzahlungen (Auszahlung über den Arbeitgeber und zusätzlich im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2022) zu vermeiden.

Für geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer, für die der Arbeitgeber die Lohnsteuer nach § 40a Abs. 2 EStG pauschal erhoben hat, ist auch bei Auszahlung der EPP an den Arbeitnehmer keine Lohnsteuerbescheinigung auszustellen. Gibt der Arbeitnehmer eine Einkommensteuerklärung für 2022 ab, muss er in der Erklärung angeben, dass er die EPP bereits vom Arbeitgeber erhalten hat.

  • Sozialversicherung/Lohnsteuer

Die EPP ist nicht sozialversicherungspflichtig. Bei Minijobbern stellt die EPP kein sozialversicherungspflichtiges Entgelt dar (derzeit: 450 Euro-Grenze; ab 1.10.2022: 520 Euro-Grenze).

Die vom Arbeitgeber ausgezahlte EPP unterliegt als „sonstiger Bezug“ dem Lohnsteuerabzug. Bei der Lohnsteuerberechnung ist die EPP bei der Berechnung der Vorsorgepauschale (§ 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. a bis c EStG) nicht zu berücksichtigen. Hintergrund hierfür ist, dass auf entsprechende Lohnteile keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen.

Wurde die EPP nicht über den Arbeitgeber ausgezahlt, erhöht das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2022 den vom Arbeitgeber mit der Lohnsteuerbescheinigung übermittelten Bruttoarbeitslohn um 300 Euro.

  • Steuerliche Behandlung beim Arbeitgeber

Die Auszahlung der EPP an den Arbeitnehmer ist eine Betriebsausgabe, die Refinanzierung über die Lohnsteuer-Anmeldung eine Betriebseinnahme. Im Ergebnis bleibt der gesamte Vorgang damit beim Arbeitgeber ohne steuerliche Auswirkungen.