Vor einigen Tagen hat der Gesetzgeber mit dem Wachstumschancengesetz endlich die steuerlichen Änderungen für 2024 beschlossen. Wir wollen Ihnen einen kurzen Überblick über die praxisrelevanten Neuerungen bei der Einkommensteuer bzw. der Lohnsteuer geben. Über die Neuregelungen bei anderen Steuerarten  (z.B. Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer) werden wir Sie gesondert informieren. Soweit nichts anderes vermerkt ist, gelten die Neuregelungen ab dem 1.1.2024.


Änderungen bei der Einkommensteuer

  • Die Freigrenze für Geschenke an Geschäftspartner wird von 35 € auf 50 € pro Person und pro Jahr angehoben (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG).
  • Beim Betriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen (Zinsschranke nach § 4h EStG) gibt es einige Änderungen und Klarstellungen von Begrifflichkeiten. Die Vorschrift wurde insbesondere an die Vorgaben der europäischen Anti-Steuervermeidungsrichtlinie angepasst.
  • Bei der privaten Nutzung eines betrieblichen Kfz, das keine CO2-Emissionen hat (reine Elektrofahrzeuge Brennstoffzellenfahrzeuge), wird der geldwerte Vorteil auf Grundlage eines Viertels des Bruttolistenpreises (1 %-Regelung) bzw. eines Viertels der Anschaffungskosten oder vergleichbarer Aufwendungen (Fahrtenbuchmethode) berechnet. Dies galt bisher nur, wenn der Bruttolistenpreis nicht mehr als 60.000 € betrug. Dieser Höchstbetrag wird auf 70.000 € angehoben. Der neue Höchstbetrag gilt für Elektroautos, die ab dem 1.1.2024 angeschafft werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 Nr. 3, S. 3 Nr. 3 EStG).
  • Einlagen junger Wirtschaftsgüter werden nur dann mit den (fortgeführten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet, wenn sie aus dem Privatvermögen stammen (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. a EStG). Dies gilt für Einlagen, die nach Verkündung des Wachstumschancengesetzes am 27.3.2024 erfolgt sind.
  • Bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens wird befristet die degressive AfA wieder eingeführt. Dies gilt bei Anschaffung oder Herstellung zwischen dem 1.4.2024 und dem 31.12.2024. Der AfA-Satz darf dabei höchstens das Zweifache des bei der linearen Jahres-AfA in Betracht kommenden Prozentsatzes betragen und darf 20 % nicht übersteigen (§ 7 Abs. 2 EStG).
  • Auch bei Wohngebäuden wird befristet eine degressive AfA iHv 5 % eingeführt, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Grundsätzlich kann der Steuerpflichtige die degressive AfA in Anspruch nehmen, wenn er mit der Herstellung zwischen dem 1.10.2023 und dem 30.9.2029 begonnen hat. Im Fall einer Anschaffung muss diese zwischen dem 1.10.2023 und dem 30.9.2029 erfolgen, wobei hier auf den rechtswirksamen Abschluss des Kaufvertrags abzustellen ist (§ 7 Abs. 5a EStG).
  • Bei der Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau wird der Förderzeitraum vom 1.1.2023 bis 30.9.2029 (bisher: 31.12.2026) verlängert und die Baukostenobergrenze auf 5.200 € je Quadratmeter Wohnfläche (bisher: 4.800 €) angehoben. Die Förderhöchstgrenze beträgt 4.000 € (bisher: 2.500 €) je Quadratmeter Wohnfläche (§ 7b EStG).
  • Die Sonderabschreibung für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens beträgt bisher 20 % der Investitionskosten und gilt für Betriebe, die die Gewinngrenze von 200.000 € im Vorjahr nicht überschreiten. Für Wirtschaftsgüter, die seit dem 1.1.2024 angeschafft oder hergestellt werden, erhöht sich die Sonderabschreibung auf 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7g Abs. 5 EStG).
  • Nicht im Inland ansässige gemeinnützige Körperschaften im EU/EWR-Raum dürfen Spendenbescheinigungen nach § 10b EStG ausstellen, wenn sie im sog. Zuwendungsempfängerregister erfasst sind (wird vom Bundeszentralamt für Steuern geführt). Damit können sie auch elektronische Spendenquittungen nach § 50 Abs. 2 EStDV ausstellen. Dies gilt für Zuwendungen, die ab dem 1.1.2025 zufließen.
  • Bis zu einem Sockelbetrag von 1 Mio. € bzw. 2 Mio. € bei Ehegatten ist der Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 EStG für jedes Verlustvortragsjahr unbeschränkt möglich. Für den Teil, der den Sockelbetrag überschreitet, wird der Verlustvortrag auf 70 % des Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustvortragsjahres beschränkt. Dies gilt für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027. Ab 2028 gilt dann wieder die in 2023 geltende Grenze von 60 %.
  • Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften sind bisher steuerfrei, wenn der im Kalenderjahr erzielte Gesamtgewinn weniger als 600 € beträgt. Diese Freigrenze wird auf 1.000 € angehoben (§ 23 Abs. 3 S. 5 EStG).
  • Bei der Begünstigung von nicht entnommenen Gewinnen nach § 34a EStG (sog. Thesaurierungsbegünstigung) werden künftig Ertragsteuern in den begünstigungsfähigen Gewinn einbezogen. Außerdem wird der Nachweis von Entnahmen zur Zahlung von Einkommensteuer vereinfacht. Mögliche Gestaltungsmodelle, die der Zielsetzung des § 34 EStG entgegenstehen, werden durch neue Regelungen ausgeschlossen.
  • Im Rahmen der Besteuerung von beschränkt Steuerpflichtigen wird bei grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmern im Homeoffice die Fiktion einer inländischen Ausübung der nichtselbständigen Tätigkeit eingeführt, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a S. 2 EStG). Diese Fiktion gilt für Einkünfte ab dem 1.1.2024.
  • Nach § 50c EStG kann der Vergütungsschuldner bei Abzugssteuern auf Lizenzen vom Steuerabzug absehen, wenn der Betrag inkl. der abzuführenden Steuer 5.000 € nicht überschreitet. Diese Freigrenze für den Quellensteuereinbehalt wird auf 10.000 € erhöht und gilt für alle Vergütungen, die nach dem 31.12.2023 zufließen (§ 50c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG).
  • Im Dezember 2022 hatte der Bund die Kosten für den Abschlag von Gas und Wärme übernommen. Diese sog. Erdgas-Soforthilfe (Dezemberhilfe 2022) muss nicht versteuert werden (Aufhebung von §§ 123 bis 126 EStG rückwirkend zum 21.12.2022).

Änderungen bei der Lohnsteuer

  • Bereits ab 2023 ist bei Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung ausschließlich die Steuer-ID des Arbeitnehmers als Ordnungsmerkmal anzugeben. Das führte in der Praxis zu Problemen. Deshalb hatte die Finanzverwaltung die jetzt erst beschlossene Neuregelung bereits im Vorfeld bekannt gegeben und wendet sie bereits an (BMF-Schreiben v. 22.1.2024). Für die Ausstellung von Lohnsteuerbescheinigungen gilt damit Folgendes: Der Arbeitgeber kann die Steuer-ID des Arbeitnehmers vom Finanzamt erfragen (§ 39 Abs. 3 S. 6 EStG). Voraussetzung ist, dass er für den Arbeitnehmer bereits eine Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2022 (mittels eTIN) übermittelt hat, er versichert, dass das Dienstverhältnis über den 31.12.2022 hinaus fortbestanden hat, und der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung, dem Arbeitgeber die Identifikationsnummer mitzuteilen (§ 39e Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG), trotz Aufforderung nicht nachgekommen ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuer-ID dem Arbeitnehmer erstmals zuzuteilen ist. Einer Bevollmächtigung oder Zustimmung des Arbeitnehmers bedarf es insoweit nicht.
  • Derzeit kann die Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG für bestimmte Arbeitslöhne (Entschädigungen, Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten) bereits im Lohnsteuer-Abzugsverfahren berücksichtigt werden. Ab dem 1.1.2025 geht dies nicht mehr (Streichung von § 39b Abs. 3 S. 9 und 10 EStG). Der Arbeitnehmer kann die Tarifermäßigung dann nur noch bei seiner eigenen Einkommensteuererklärung geltend machen.
  • Arbeitgeber können die Beiträge für eine Gruppenunfallversicherung mit einem Pauschsteuersatz von 20 % erheben, wenn der steuerliche Durchschnittsbetrag ohne Versicherungssteuer 100 € im Kalenderjahr nicht übersteigt. Dieser Grenzbetrag wird ab 1.1.2024 (erstmalig für den Lohnsteuerabzug 2024) aufgehoben (§ 40b Abs. 3 EStG). Damit ist eine Pauschalbesteuerung unbeschränkt möglich.

Die Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Haben Sie noch offene Fragen zu den Änderungen bei Einkommenssteuer ab 2024? Diese klären wir gerne in einem persönlichen Gespräch.