Vor einigen Tagen hatten wir Sie über die Neuerungen bei der Einkommensteuer und Lohnsteuer informiert. Heute erhalten Sie eine Zusammenfassung über die Änderungen bei der Umsatzsteuer, die sich durch das Wachstumschancengesetz für 2024 ergeben. Über die Neuregelungen bei anderen Steuerarten (u.a. Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Erbschaft- und Schenkungsteuer) informieren wir Sie gesondert.
Änderungen bei der Umsatzsteuer
- Alle Verfahrenspfleger, die im Rahmen eines Betreuungs- und Unterbringungsverfahrens zur Unterstützung einer hilfsbedürftigen Person tätig sind, werden ab 1.4.2024 von der Umsatzsteuer befreit (§ 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. m und n UStG). Dazu zählen auch Verfahrenspfleger, die im Vorfeld der Bestellung eines Betreuers bestellt werden.
- Bei der Frage, ob ein Zweckbetrieb nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG den ermäßigten Steuersatz anwenden darf, wird Folgendes klargestellt: Die Wettbewerbssituation ist nur bei den Katalogzweckbetrieben iSd §§ 66 bis 68 AO zu prüfen. Das betrifft z.B. die Wohlfahrtspflege, Krankenhäuser, Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, Alten-, Pflege- und Kinderheime, Museen und Theater. Nicht geprüft werden muss die Wettbewerbslage, wenn es sich um einen allgemeinen Zweckbetrieb iSd § 65 AO handelt. Hier reicht die Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt aus. Dies gilt ab dem 28.3.2024.
- Nach der Vereinfachungsregelung des § 13b Abs. 5 S. 8 UStG gilt die umgekehrte Steuerschuldnerschaft in bestimmten Fällen auch dann, wenn sie angewandt wurde, obwohl die Voraussetzungen nicht vorlagen. Die Übertragung von Emissionszertifikaten fällt ab dem 1.4.2024 unter diese Vereinfachungsregel.
- Ab dem Besteuerungszeitraum 2025 soll das Finanzamt Unternehmer von der Pflicht zur Abgabe von Voranmeldungen und Entrichtung von Vorauszahlungen befreien, wenn die Umsatzsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 2.000 € (bisher: 1.000 €) betragen hat (§ 18 Abs. 2 S. 3 UStG).
- Bei Kleinunternehmer hat das Finanzamt bislang schon in der Regel auf die Übermittlung einer Voranmeldung verzichtet. Ab dem Besteuerungszeitraum 2024 müssen Kleinunternehmer nun grundsätzlich keine Umsatzsteuerjahreserklärung mehr abgeben. Hier gibt es aber zwei Ausnahmen: Erzielt der Kleinunternehmer die in § 18 Abs. 4a UStG genannten Umsätze (innergemeinschaftliche Erwerbe, Umkehr der Steuerschuldnerschaft, innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte, Fahrzeuglieferer), muss er weiterhin eine Jahreserklärung abgeben. Und auch bei Aufforderung durch das Finanzamt soll die Erklärungspflicht bestehen bleiben (§ 18 Abs. 3 S. 1, § 19 Abs. 1 S. 4 UStG).
- Bis zum Ablauf des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahrs kann der Unternehmer auf die Kleinunternehmerregelung verzichten (§ 19 Abs. 2 UStG). Bislang war der Verzicht bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung möglich. Die Neuregelung gilt erstmals für den Besteuerungszeitraum 2024.
- Ab dem 1.1.2024 ist die Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) statt nach vereinbarten Entgelten (Soll-Besteuerung) möglich, wenn der Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 800.000 € (bisher: 600.000 €) betragen hat. Die Ist-Besteuerung muss aber wie bisher beim Finanzamt beantragt werden (§ 20 S. 1 Nr. 1 UStG).
Änderungen bei der Rechnungsstellung (Ausblick auf 2025)
Ab 2025 wird es eine große Veränderung bei der Rechnungstellung vor allem im B2B Bereich geben (§ 14 Abs. 1 S. 2 bis 8, Abs. 2 und 3, § 27 Abs. 38 UStG, §§ 33 und 34 UStDV). Für eine gewisse Übergangszeit sind noch besondere Übergangsvorschriften vorgesehen. Im Folgenden stellen wir kurz die Grundsätze dar. Über die genauen Einzelheiten werden wir Sie rechtzeitig in einem gesonderten Schreiben informieren.
Grundsätzlich dürfen ab 2025 nur noch elektronische Rechnungen in einem besonderen Format (sog. eRechnung) ausgestellt werden. Als eRechnung gilt eine Rechnung, die in einem „strukturierten elektronischen Format“ ausgestellt, übermittelt und empfangen wird, das ihre elektronische Verarbeitung ermöglicht, und die den Vorgaben der EU-Richtlinie 2014/55/EU entspricht. Verwendet werden muss hierzu grundsätzlich das Format nach der europäischen Norm CEN 16931. Das „strukturierte elektronische Format“ kann aber auch zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger vereinbart werden. Dabei ist Voraussetzung, dass das Format die richtige und vollständige Extraktion der nach dem UStG erforderlichen Angaben aus der eRechnung in ein Format ermöglicht, das der europäischen Norm CEN 16931 entspricht und mit dieser kompatibel ist.
Davon zu unterscheiden ist die sog. sonstige Rechnung: Das sind alle Rechnungen, die in einem anderen elektronischen Format oder auf Papier übermittelt werden.
Prinzipiell dürfen ab 2024 für B2B Umsätze nur noch eRechnungen gestellt werden, wenn der Leistende und der Leistungsempfänger beide im Inland ansässig sind. Kleinbetragsrechnungen iSv § 33 UStDV und Fahrausweise iSv § 34 UStDV dürfen weiterhin als „sonstige Rechnung“ gestellt werden.
Hinweisen möchten wir Sie noch auf folgende Übergangsregelungen (§ 27 Abs. 39 UStG):
- Umsätze zwischen dem 1.1.2025 und 31.12.2026: Rechnungsstellung auf Papier oder in einem anderen elektronischen Format möglich, sofern der Rechnungsempfänger zustimmt
- Umsätze zwischen dem 1.1.2027 und 31.12.2027: Bei einem Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr von weniger als 800.000 €, wird die Möglichkeit zur Rechnungsstellung auf Papier oder in einem anderen elektronischen Format (bei Zustimmung des Rechnungsempfängers) um ein Jahr verlängert
- Umsätze zwischen dem 1.1.2026 und 31.12.2027: Rechnungsstellung über ein anderes elektronisches Format (bei Zustimmung des Rechnungsempfängers), wenn die Rechnung mittels EDI-Verfahren übermittelt wird
Die Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Haben Sie noch offene Fragen zu den Änderungen bei der Umsatzsteuer ab 2024? Diese klären wir gerne in einem persönlichen Gespräch.