Aktuelles Steuerrecht – einfach erklärt. In unserem Blog teilen wir aktuelle Neuigkeiten und wichtige Entwicklungen aus der Rechtsprechung mit Ihnen. Ständig aktualisiertes Know-how ist die Basis für unsere Arbeit.

Papier sparen, Bäume pflanzen

Unsere Umwelt liegt uns am Herzen. Deswegen haben wir uns für dieses Jahr ganz besonders auf die Fahnen geschrieben noch nachhaltiger und achtsamer in unserem Arbeitsalltag zu werden. Wir sind nach wie vor eine sehr papierlastige Branche und hier möchten wir uns – und auch unsere Mandanten – sensibilisieren.

Eine Maßnahme: Ab sofort stellen wir unseren Mandanten noch 2 Original-Ausgaben und 1 Kopie von Prüfberichten, Jahresabschlüssen und Testaten zur Verfügung. Jedes weitere Exemplar berechnen wir mit 10 Euro. Dieses Geld behalten wir allerdings nicht selbst, sondern geben es 1:1 an die Initiative #plantmytree weiter. Für gut 14 Euro können wir hier ein Bäumchen in Deutschland pflanzen.

Bäume pflanzen alleine kann zwar unser Klima nicht retten, aber Bäume können viel CO2 aufnehmen. Laut Berechnungen der Bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft hat eine 23 Meter hohe Buche, die auf Brusthöhe einen Durchmesser von 30 Zentimetern hat, in ihrem Leben etwa eine Tonne CO2 gespeichert. Zum Vergleich: Ein Mensch verursacht in einem Jahr etwa neun Tonnen CO2-Emissionen. Um den Kohlendioxid-Ausstoß, den ein Mensch innerhalb eines Jahres verursacht, zu neutralisieren, wäre nach dieser Kalkulation also die Lebensleistung von neun riesigen Buchen notwendig.

Sind Trauerreden Kunst?

Eine Trauer- und Hochzeitsrednerin übt keine künstlerische Tätigkeit aus. Damit unterliegen ihre Umsätze dem Regelsteuersatz von 19 %.

Mit diesem Ergebnis schließt sich das Finanzgericht Baden-Württemberg der Auffassung der Finanzverwaltung an. Danach stellt die Tätigkeit eines Hochzeits- oder Trauerredners grundsätzlich keine künstlerische Tätigkeit dar. Nur in Ausnahmefällen könne dies der Fall sein. Dazu müssten die Reden aber von einer eigenschöpferischen Leistung geprägt sein, in der die besondere Gestaltungskraft des Redners zum Ausdruck komme. Gegen eine solche künstlerische Tätigkeit spreche grundsätzlich, dass die Reden in der Regel auf eine schablonenartige Wiederholung anhand eines Redegerüstes beschränkt seien.

Im Streitfall war die Klägerin nach ihrem theologischen und philosophischen Studium selbständig als Trauerrednerin, Gestalterin von Hochzeitsfeiern und Begrüßungsfeiern für Neugeborene tätig. Während des Klageverfahrens machte sie detaillierte Angaben zu ihrer Vorgehensweise. Sie legte Redetexte und Links zu Videos mit ihren Trauerreden vor. In der mündlichen Verhandlung trug sie sogar auszugsweise eine Trauerrede vor. Aber es half alles nichts – sie muss ihrer Umsätze weiterhin mit 19 % und nicht wie gewünscht mit 7 % versteuern.

Impfzertifikate keine gewerblichen Einkünfte

Ärzte dürfen nicht nur selbst die Corona-Schutzimpfung vornehmen, sondern auch das entsprechende digitale Impfzertifikat ausstellen – auch nachträglich, wenn die Impfung z. B. in einem Impfzentrum durchgeführt wurde. Dafür erhalten sie eine Vergütung nach der Coronavirus-Impfverordnung.

Jetzt ist in der Steuerpraxis die Frage aufgetaucht, ob die (nachträgliche) Ausstellung von digitalen Corona-Impfzertifikaten durch Ärzte als gewerbliche Tätigkeit zu klassifizieren ist. Dies hätte zur Folge, dass bei Gemeinschaftspraxen alle Einkünfte als gewerbliche Einkünfte zu versteuern sind und auch die freiberuflichen Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit mit Gewerbesteuer belegt werden (sog. gewerbliche Infektion).

Hier hat das Bundesfinanzministerium nun Entwarnung gegeben. Die Ausstellung von Impfzertifikaten durch Ärzte stellt keine gewerbliche Tätigkeit dar. Sie sei untrennbar mit der eigentlichen Impfung als originär ärztliche Leistung verbunden. Dies gilt nach Ansicht der Finanzverwaltung auch dann, wenn die Impfung durch eine andere Praxis oder Stelle (z. B. ein Impfzentrum) vorgenommen wurde.

Unverzinsliche Darlehen weiterhin mit 5,5 % abzuzinsen

Ein unverzinsliches Darlehen mit einer unbestimmten Laufzeit ist jährlich mit 5,5% abzuzinsen. Im Ergebnis wird das Darlehen damit jedes Jahr niedriger bewertet. Die Differenz erhöht jeweils den Gewinn. Im Streitfall hatte ein Steuerpflichtiger dagegen geklagt. Begründung: Der Zinssatz von 5,5% sei wegen der bereits seit mehreren Jahren anhaltenden Nullzinsphase verfassungswidrig.

Das Finanzgericht Münster teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht. Für das Streitjahr 2016 habe der Zinssatz auf dem Fremdkapitalmarkt noch zwischen 2,45% und 3,71% betragen.  Die Tatsache, dass die Höhe des Zinssatzes bei Nachzahlungszinsen zweifelhaft sei (und inzwischen für Veranlagungszeiträume ab 2019 auch für verfassungswidrig erklärt wurde), ändere daran nichts.

Das Gericht weist abschließend darauf hin, dass die Abzinsung durch entsprechende Gestaltungen vermieden werden kann. Im Betracht kommen hier sog. „Kettendarlehen“: Dabei werden unverzinsliche Darlehen für weniger als zwölf Monate gewährt und immer wieder verlängert. Bei einer Laufzeit von bis zu zwölf Monaten entfällt die Abzinsung komplett. Eine andere Möglichkeit besteht darin, einen Zinssatz von knapp über 0% zu vereinbaren. Dann ist das Darlehen nicht mehr unverzinslich und muss auch nicht mehr abgezinst werden.

Keine begünstigte Handwerkerleistung für Straßenausbau

Nimmt der Steuerpflichtige Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen in seinem Haushalt in Anspruch, kann er 20 % seiner Aufwendungen (bis zu einem Höchstbetrag von 1.200 €) von der Einkommensteuer abziehen. Der Bundesfinanzhof hat nun entschieden, dass die Erschließungskosten für den Ausbau einer Straße nicht darunterfallen und damit nicht steuerbegünstigt sind.

Hintergrund: Die Kläger wohnten in ihrem eigenen Haus an einer unbefestigten Standstraße. Die Gemeinde ließ die Straße ausbauen und beteiligte die Anwohner an den Erschließungskosten. Für die Kläger bedeutete das Kosten von rd. 3.000 €. In ihrer Einkommensteuererklärung 2015 machten sie 1.500 € (geschätzter Lohnkostenanteil ohne Material) als Handwerkerleistungen geltend. Finanzamt und Gericht lehnen dies übereinstimmend ab.

Das Problem: Die Handwerkerleistung muss „in einem Haushalt“ ausgeführt werden. Die Grenzen des Haushalts werden zwar nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Es muss sich aber um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Die Arbeiten an der Straße hält das oberste Gericht nicht für grundstücksbezogen und damit auch nicht für haushaltsbezogen. Ein (teilweiser) Abzug der Straßenerschließungsbeiträge bei der Einkommensteuer scheidet damit aus.

Sechs Prozent sind realitätsfern

„Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit jährlich 6 % ab dem Jahr 2014 verfassungswidrig“ – mit diesen Worten hat das Bundesverfassungsgericht seine Pressemitteilung vom 18.8.2021 betitelt. Seit langem wurde die Entscheidung der Verfassungsrichter zur Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen erwartet. Jetzt haben sie ihre Entscheidung mit Beschluss v. 8.7.2021 – 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17 getroffen. Der Beschluss ist zur Gewerbesteuer ergangen, hat aber auch Auswirkungen auf andere Steuerarten, wie z.B. die Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer.

Die Richter halten die Verzinsung für verfassungswidrig, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab 2014 nach § 233a iVm § 238 Abs. 1 S. 1 AO ein Zinssatz von 0,5 % monatlich (= 6 % jährlich) zugrunde gelegt wird. Spätestens seit dem Jahr 2014 sei der typisierte Zinssatz von 6 % jährlich „evident realitätsfern“.

Für die Verzinsungszeiträume ab 2019 ist der Zinssatz von 6 % jährlich nach § 238 Abs. 1 S. 1 AO nicht mehr anwendbar. Insoweit hat das Verfassungsgericht den Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31.7.2022 eine Neuregelung zu schaffen, die rückwirkend ab 2019 gilt und alle noch nicht bestandskräftigen Bescheide erfasst.

Für die Verzinsungszeiträume 2014 bis 2018 hält das Gericht den Zinssatz zwar auch für verfassungswidrig, Die Vorschrift des § 233a iVm § 238 Abs. 1 S. 1 AO gilt aber weiter fort – hier hat das Gericht eine sog. Fortgeltungsanordnung erlassen. Damit muss der Gesetzgeber für diese Verzinsungszeiträume rückwirkend keine neue Regelung erlassen. Hier bleibt es bei der bisherigen Verzinsung.

Für Verzinsungszeiträume bis einschließlich 2013 hält das Gericht den Zinssatz noch für verfassungsgemäß. Die Vollverzinsung entfalte insoweit – gemessen am allgemeinen Zinsniveau – noch „keine evident überschießende Wirkung“.

Welche Folgen hat die Entscheidung für die Praxis?

  • Für Verzinsungszeiträume bis einschließlich 2018 bleibt es bei einer monatlichen Verzinsung von 0,5 %. Das gilt sowohl für Steuernachzahlungen als auch für Steuererstattungen.
  • Für Verzinsungszeiträume ab 2019 sind die entsprechenden Bescheide weiterhin offen zu halten, damit der Steuerpflichtige im Fall von Nachzahlungszinsen von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts profitieren kann. Hat der Steuerpflichtige seinerseits Steuererstattungen vom Finanzamt mit der hohen Verzinsung erhalten, kann er die höheren Zinsen nur dann behalten, wenn der entsprechende Bescheid bereits bestandskräftig ist. Ist er noch nicht bestandskräftig, wird das Finanzamt den zu viel gezahlten Betrag zurückfordern.

Außerdem haben die Finanzämter seit Mai 2019 die Nachzahlungs- und Erstattungszinsen in der Regel nur vorläufig festgesetzt. Das bedeutet, dass die Zinsfestsetzung auch dann noch geändert werden kann, wenn der Bescheid im Übrigen bereits bestandskräftig ist. In diesem Fall wird es zu einer Änderung der Zinsfestsetzung kommen – sowohl zu Gunsten (bei Nachzahlungszinsen) als auch zu Ungunsten (bei Erstattungszinsen) der Steuerpflichtigen.

Sollten Sie noch weitere Fragen haben, können wir diese gerne in einem persönlichen Gespräch klären.